Mit Apps Essen retten: So funktioniert’s
In Deutschland landen laut einer Studie des WWF jährlich 18 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll. Rund 10 Millionen Tonnen davon ließen sich vermeiden, wenn Verbraucher, Gastronomie und Handel ein wenig überlegter vorgehen würden. Der größte Teil der Lebensmittel, die unnötigerweise weggeworfen werden, entfällt mit 4,9 Millionen Tonnen auf Privathaushalte. Weitere 2,3 Millionen Tonnen fallen bei Großverbrauchern wie Restaurants und Kantinen an; 2,4 Millionen Tonnen im Groß- und Einzelhandel.
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Essensrettung zu Hause mit der App „Zu gut für die Tonne“
Wahrscheinlich erinnern wir uns fast alle an den guten Ratschlag aus der Kindheit, sich nicht mehr auf den Teller zu packen, als man essen kann. Mittlerweile gibt es solche guten Ratschläge auch digital. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat beispielsweise die kostenlose App „Zu gut für die Tonne“ entwickelt. In der App findet man Tipps zu Einkauf, Lagerung und Verwendung von Lebensmitteln, um Verschwendung vorzubeugen. Und wenn doch mal was übrigbleibt? Dann bietet die App mehr als 340 Restegerichte vom Klassiker bis zur völlig neuen Kreation.
Essensrettung unterwegs – Apps wie „Too good to go“ und „Resq“ helfen dabei
Nicht immer hat man Zeit und Lust zum Kochen. In diesen Fällen können zumindest die Einwohner großer Städte oft Lebensmittel von Restaurants, Hotels oder Bäckereien retten. Dazu gehört ein wenig Flexibilität. Denn die Gastronomen wissen zwar, dass sie kurz vor Ladenschluss Essen übrighaben werden, doch sie wissen nicht, was genau. Kostenlose Apps wie „Too good to go“ oder „Resq“ können im App Store und bei Google Play für das jeweilige Betriebssystem heruntergeladen werden und vermitteln dann zwischen Gastronom und Kunde. Die Gastronomen geben an, was der Kunde ungefähr zu welchem Preis erhält und wo und wann er das Essen abholen kann. Meist liegt der Preis für eine Portion bei circa 3 Euro. Der Kunde reserviert mit wenigen Klicks sein Essen in der App und zahlt auch dort, sodass er sich vor Ort das Suchen nach Kleingeld sparen kann.
Flexibilität muss sein: Essensrettung ist kein Wunschmenü
Wenn man sich beispielsweise für die Essensrettung bei einer Bäckerei entscheidet, kann man von herzhaften belegten Brötchen über Brote bis hin zu süßen Teilchen alles bekommen, manchmal auch bunt gemischt. Was genau in der Rettungsbox landet, entscheidet der Anbieter, nicht der Abholer. Dieses Prinzip ist nachvollziehbar. Allerdings kann es passieren, dass Nahrungsmittel in der Box landen, die der Retter nicht mag oder verträgt und vielleicht letzten Endes selbst wegwirft. Doch dieses Problem wird immer kleiner. Anfangs konnte man nicht in allen Apps angeben, ob man sich beispielsweise vegetarisch, gluten- oder laktosefrei ernährt. Langsam wird das aber zum Standard und erlaubt so die zielgerichtete Rettung von Essen. Bei der Rettung des Essens muss man nicht nur kulinarische, sondern auch zeitliche Flexibilität mitbringen. Oft werden die geretteten Mahlzeiten eine halbe Stunde vor Ladenschluss abgegeben. Dieser liegt bei Restaurants teils gegen 22 Uhr und damit für einige potentielle Essensretter zu spät.
Gerettetes Essen als Beitrag zum Umweltschutz? Es kommt darauf an…
Alles gut also? Fast. Denn während wir das Essen vor der Tonne retten, produzieren die Transportverpackungen Müll. Ich habe bisher noch nicht erlebt, dass man eigene Gefäße mitbringen und befüllen lassen kann. Hier wäre es wünschenswert, dass die Essensretter zumindest wiederverwendbare Behälter mit einem Pfandsystem einführen. Wie der Umgang mit Coffee-to-go-Bechern zeigt, kann ein solches System wirklich funktionieren. Außerdem haben mir andere Nutzer der Apps berichtet, dass zum Teil Mahlzeiten extra für sie zubereitet wurden und keineswegs aus Resten bestanden. Es gibt wohl vereinzelt Restaurants, die die Essensrettungs-Apps als günstige Kundengewinnungsmaßnahmen missverstehen. Die Teams hinter den Apps bemühen sich allerdings, solche Anbieter aus den Programmen auszuschließen.
Essensrettung mit Apps: Was bringt’s wirklich?
„Too good to go“ ist laut Angabe auf der Website in sieben Ländern aktiv und bringt 5.000 gastronomische Betriebe mit 3 Millionen Nutzern zusammen. So wurden seit der Gründung Ende 2015 etwa 2,7 Millionen Mahlzeiten gerettet und 5.000 Tonnen CO2 eingespart. „Resq“ ging später an den Start, hat laut Website eine viertel Million Nutzer und 1.900 Restaurants zusammengebracht. Es wurden mehr als eine halbe Million Portionen Essen gerettet und – legt man die Berechnung der anderen App zugrunde – mehr als 1.000 Tonnen CO2 eingespart. Bei beiden Angeboten ist leider nicht klar, wie das eingesparte CO2 berechnet wird. Der Wert kann sich auf das CO2 beziehen, das bei der Entsorgung angefallen wäre. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass es sich hierbei um den Wert handelt, der bei der Produktion der Nahrungsmittel anfällt. Das vermute ich zumindest.
Häufige Fragen zum Thema Essensrettung mit dem Smartphone
Einige Interessierte zögern bei der Nutzung der Essensrettungs-Apps für unterwegs. Sie stellen sich vor allem drei Fragen:
- Gibt es bei den Nahrungsmitteln qualitative Einschränkungen?
- Werde ich vor Ort als Kunde zweiter Klasse behandelt?
- Nehme ich bedürftigen Menschen Essen weg?
So wie man nicht generell sagen kann, der Service sei in allen Restaurants in einem Land gut oder schlecht, genau so wenig lassen sich die Fragen oben allgemeingültig beantworten. Aus meiner Erfahrung und Gesprächen mit anderen Nutzern ergibt sich folgendes Bild:
Die Qualität der Nahrungsmittel ist genauso hoch, wie bei „normalen“ Bestellungen vor Ort. Wer abends die Reste vom Mittagsangebot rettet, kann aber nicht erwarten, dass das Essen warm ist. Das ist durchaus sinnvoll, wenn es um das Einsparen von Ressourcen und CO2 geht.
Die Angestellten behandeln Essenretter meiner Erfahrung nach wie jeden anderen Kunden auch. Der Bestellvorgang weicht nur geringfügig ab: Man sagt, über welche App man bestellt hat, zeigt die Bestellung in der App und erhält nach kurzer Zeit seine Portion. Das war’s schon.
Bleibt die Frage, ob das Essen nicht besser bei der Tafel oder ähnlichen Einrichtungen aufgehoben wäre. Timo Schmitt, Hygienebeauftragter der Berliner Tafel, verneint. In einem Interview mit „Resq“ sagte er „Wenn ein Restaurant am Abend zehn Portionen übrig hat oder ein Bäcker acht Brötchen und drei Brote, dann ist der logistische Aufwand zu groß.“ Dann sind die Apps, mit denen auch kleine Mengen gerettet werden können, der sinnvollere Weg.
Weitere Infos zu den vorgestellten Apps finden Sie auf den jeweiligen Webseiten: