Bio-Baumwolle vs. konventionelle Baumwolle: Was sind die Unterschiede?
Baumwolle ist ein echtes Multitalent und schafft es, viele gewünschte Eigenschaften in ihren Fasern zu vereinen. Sie ist saugfähig, reißfest, dehnbar, wenig knitteranfällig und am wichtigsten: Sie trägt sich besonders angenehm auf der Haut. Für die Textilindustrie ist die Naturfaser daher unverzichtbar. Doch welche Unterschiede zeigen sich beim Vergleich Bio-Baumwolle vs. konventionelle Baumwolle?
Inhalt
Wann wurde Baumwolle entdeckt und wo wird sie heute angebaut?
Höhlenfunde in Mexiko belegen, dass Menschen schon 7.000 vor Christus Baumwolle zur Herstellung von Stoffen verwendet haben. Bereits 6.000 vor Christus baute man das Malvengewächs im Indus-Tal im heutigen Indien als Nutzpflanze an. Im Laufe der Jahrtausende hat sich der Baumwollanbau dann auf mehr als 80 Länder ausgebreitet. Heute sind es vor allem Indien mit circa 51 Prozent und China mit circa 19 Prozent Marktanteil. Aber auch die Türkei, Kirgistan, Tadschikistan und Zentralafrika sowie Zentralamerika und der Süden der USA zählen zu den Anbaugebieten.
Die Initiative CottonUP nennt in ihrem Überblick über Baumwolle viele weitere interessante Fakten. So werden in der heutigen Zeit rund 25 Millionen Tonnen Baumwolle auf rund 30 Millionen Hektar kultiviert. Das entspricht mehr als zwei Prozent der global verfügbaren Agrarfläche und macht die Nutzpflanze zur am häufigsten angebauten Naturfaser überhaupt. Bei der Textilherstellung macht sie weltweit gesehen rund 30 Prozent der verwendeten Fasern aus. Allerdings handelt es sich nur bei einem Prozent des weltweiten Anbaus um Bio-Baumwolle. Auch gut zu wissen: Baumwolle ist die Lebensgrundlage für weltweit circa 350 Millionen Menschen.
Wie wird Baumwolle geerntet?
Baumwolle benötigt zwischen acht und zwölf Monaten, um erntereif zu sein. Baumwollfasern und Samen wachsen geschützt in Kapseln, die nach der Ernte maschinell getrennt werden. Dies bezeichnet man als „Ginning“. Je länger die gewonnenen Baumwollfasern sind, desto hochwertiger sind sie. Im Schnitt ist das zwischen 15 und 50 Millimetern. Die Fasern werden nach Qualität sortiert und in große, transportfertige Ballen von je rund 200 Kilogramm gepresst.
Konventionelle Baumwolle: der „Preis“ für den Anbau
Die Textilindustrie setzt jährlich viele Milliarden um. Gleichzeitig wird der Großteil der dafür verwendeten konventionellen Baumwolle von Kleinbauern und Kleinbäuerinnen in Entwicklungsländern angebaut oder auf großen Plantagen kultiviert. Also dort, wo es nur wenig Alternativen zur harten körperlichen Arbeit unter extrem schlechten Bedingungen gibt. Die Arbeitenden sind – genauso wie diejenigen auf den Großplantagen – hochgiftigen Pestiziden ausgesetzt. Das Umweltinstitut München e. V. geht davon aus, dass es jährlich zu 385 Millionen Vergiftungen durch Pestizide in der Landwirtschaft kommt und dass davon 11.000 tödlich enden.
Ein weiteres Problem: Kleinbauern und Kleinbäuerinnen müssen für Saatgut und Schädlingsbekämpfung Kredite aufnehmen, die sie oft nur schwer bedienen können. Ernteausfälle können hier schnell zu Überschuldungen und Abhängigkeiten führen.
Auswirkungen auf die Umwelt
Der Anbau fordert einen hohen Energie- und extremen Wasserverbrauch. Weiterhin hat der hoch dosierte Einsatz von Pestiziden enorme CO2-Emissionen zur Folge. Darüber hinaus ist er für einen erheblichen Teil der weltweiten Wasserverschmutzung verantwortlich.
Bio-Baumwolle vs. konventionelle Baumwolle
Kurz gesagt: Der Anbau von herkömmlicher Baumwolle ist in seinen Produktionsprozessen ökologisch alles andere als nachhaltig. Können die negativen Aspekte durch den Bio-Anbau von Baumwolle reduziert werden? Die wesentlichen sechs Punkte, die den Vorteil von Bio-Baumwolle klar belegen, untersuchen wir im Folgenden genauer.
Kein genmanipuliertes Saatgut bei Bio-Baumwolle
Den größten Unterschied macht aus, dass gentechnisch verändertes Saatgut im Bio-Anbau verboten ist. Im konventionellen Anbau sind genmanipulierte Pflanzen hingegen sehr weit verbreitet. Allein in Indien sind das fast 95 Prozent. Diese Pflanzen sind gegen häufig vorkommende Schädlinge resistent und insgesamt widerstandsfähiger gegen bestimmte Umweltbedingungen. Klingt erst mal gut? Ist es leider nicht. Denn mit verändertem Erbgut gehen viele Risiken einher. Zum Beispiel der Verlust der genetischen Vielfalt, die unkontrollierte Ausbreitung sowie die steigende Anfälligkeit für schadhafte Organismen, gegen die keine Resistenz besteht.
Leider ist es auch heute noch in vielen Ländern fast unmöglich, an gentechnisch unverändertes Saatgut zu kommen. Ein echtes Problem, das zu einem großen Teil mitverantwortlich dafür ist, dass der Ausbau des Bio-Baumwollanbaus weltweit nur sehr langsam vorangeht.
Kein Einsatz von chemischen Dünge- und Pflanzenschutzmitteln im Bio-Anbau
Beim herkömmlichen Anbau auf den monokulturellen Anbauflächen kommen etwa 16 Prozent aller weltweit eingesetzten Insektizide zum Einsatz. Pro Saison im Schnitt bis zu 20 Mal. Der enorme Pestizideinsatz vergiftet nicht nur die Böden und das Grundwasser. Auch die Menschen, die die Baumwolle anbauen und auf den Plantagen arbeiten, leiden darunter.
Gleichzeitig betrifft es jedoch auch die Verbraucher und Verbraucherinnen ganz am Ende der Kette. Bei vielen fertiggestellten Textilien sind Spuren von Pestiziden nachweisbar und diese landen dann schlussendlich auf der Haut. Wer Textilien aus Bio-Baumwolle trägt, ist davor geschützt. Hier kommen beim Anbau lediglich für Mensch und Umwelt unschädlicher Humus und Pflanzenjauche zum Einsatz.
Bio-Baumwolle: keine Monokulturen
Um die Anzahl der Schädlinge beim Anbau von Bio-Baumwolle möglichst gering zu halten, setzt man neben die Baumwollpflanzen andere Pflanzen, die für die ungebetenen Gäste interessanter sind. Auf diese Weise sind die Baumwollpflanzen vor Befall beschützt. Außerdem können im Bio-Anbau auch die natürlichen Fressfeinde der Schädlinge ganz in Ruhe ihren „Job“ machen.
Bio-Baumwolle vs. konventionelle Baumwolle: der Wasserverbrauch
Der WWF geht davon aus, dass bei der Herstellung von konventioneller Baumwolle im globalen Durchschnitt der Wasserverbrauch bei circa 11.000 Litern liegt, um ein Kilogramm des weißen Goldes herzustellen. In Indien – Hauptlieferant der in Deutschland verarbeiteten Baumwolle – betrage der Wasserfußabdruck jedoch circa 23.000 Liter pro Kilogramm.
Böden mit nachhaltiger Bewirtschaftung wie beim Anbau von Bio-Baumwolle können Feuchtigkeit deutlich besser speichern. Die Wasserversorgung der Pflanzen erfolgt mithilfe von Tröpfchen- und Furchenbewässerung. Im Vergleich spart der Anbau von Bio-Baumwolle so rund 91 Prozent an Wasser ein.
Keine giftigen Schwermetalle oder Pigmente beim Färben von Bio-Baumwolle
Beim Färben und Bleichen herkömmlicher Baumwolle kommen oft Bleichmittel und Farben zum Einsatz, die Schwermetalle wie Blei oder Chrom enthalten. Lösungsmittel und Öle werden ebenfalls verwendet und landen letztendlich fast immer im Grundwasser.
Bei Bio-Baumwolle werden ausschließlich pflanzenbasierte Farben verwendet. Die Methoden zum Färben sind das sogenannte Ausziehverfahren (Färben in Flüssigkeit mit aufgelösten Farbstoffen) oder alternativ das Klotz-Kaltverweil-Verfahren (Pressen von Pigmenten in die Baumwollfaser) oder das Pad-Steam-Verfahren (Aufdampfen von Pigmenten).
Gut zu wissen: Alle Farbstoffe und Chemikalien, die zum Vorbehandeln, Waschen, Bleichen, Färben oder Ausrüsten von Bio-Baumwolle eingesetzt werden, müssen den Standards des Global Organic Textile Standard (GOTS) entsprechen.
Arbeitsbedingungen bei Bio-Baumwolle vs. konventionelle Baumwolle
Millionen von Menschen sind direkt oder indirekt abhängig von der Baumwollindustrie. Die meisten leben in Ländern, in denen es wenig Alternativen zur harten körperlichen Arbeit gibt. Während in der Textilindustrie mit dem fertigen Produkt Milliarden verdient werden, stehen die Menschen, welche die Nutzpflanze anbauen und ernten, vor immer größeren Problemen. Die Zahl der Naturkatastrophen und daraus folgenden Ernteausfälle nimmt zu. Und auch Konkurrenzkampf wird zunehmend stärker. Ob nachhaltiger oder konventioneller Anbau: Welchen Belastungen die Umwelt und die Arbeitenden ausgesetzt sind und welche Preise und Löhne bezahlt werden – all das hat unmittelbare Auswirkungen auf das Leben von sehr vielen Menschen.
Beim Anbau von Bio-Baumwolle profitieren die Bauern und Bäuerinnen von einer deutlich höheren Gewinnspanne. Der Ertrag ist zwar um rund 14 Prozent niedriger als bei konventioneller Baumwolle. Dafür erzielt der Verkauf auf dem Weltmarkt jedoch einen 20 Prozent höheren Preis. Die Gewinnspanne erhöht sich außerdem dadurch, dass die Produktionskosten um etwa 38 Prozent geringer sind. Der Grund: Es muss kein genmanipuliertes Saatgut gekauft werden und auch keine teuren Pestizide. Das wiederum ermöglicht eine fairere Entlohnung derjenigen, die die Baumwolle auf großen Plantagen pflücken, und sichert die Existenz der Kleinbauern und Kleinbäuerinnen.
Welche Bio-Baumwoll-Siegel sind verlässlich?
Transparenz vom Anbau über die Herstellung bis hin zur Verarbeitung von kontrolliert biologischer Baumwolle ist heute für Verbraucher und Verbraucherinnen sehr wichtig. Auch für die Produzierenden ist sie wirtschaftlich relevant. Immer mehr Käuferinnen und Käufer fordern Bio-Siegel als Zertifizierungssysteme ein. Entsprechend ist der Schutz der Siegel zunehmend besser.
Die beiden renommiertesten Siegel sind das GOTS-Siegel für Global Organic Textile Standards und das OCS-Siegel für Organic Content Standards. Das GOTS-Siegel erhalten nur Textilien, die aus Naturfasern bestehen. Zudem müssen sie entlang ihrer gesamten Anbau- und Lieferkette entsprechend den hohen Standards zertifiziert sein. Das OCS-Siegel steht für die Sicherheit, dass sich die Herstellung von Textilien bis zum Baumwollanbau zurückverfolgen lässt.
Weitere, ebenfalls vertrauenswürdige Siegel für nachhaltig produzierte Textilien aus Bio-Baumwolle sind: TransFair e.V., die Fair Wear Foundation und IVN – Internationaler Verband der Naturtextilwirtschaft e.V.. Gut zu wissen: Steht der Begriff „Sustainable Cotton“ auf einem Label, so könnte das Greenwashing sein, denn die hier verwendete Baumwolle muss nicht zwingend aus biologischem Anbau stammen.
Bio-Baumwolle vs. konventionelle Baumwolle: Fazit
Bio-Baumwolle hinterlässt gegenüber herkömmlicher einen deutlich besseren ökologischen Fußabdruck und hat viele Vorteile: für diejenigen in der Herstellungskette und letztendlich auch für alle, die Produkte aus diesem Material tragen. Mit dem Kauf von Textilien aus Bio-Baumwolle treffen wir immer auch eine Entscheidung gegen Umweltverschmutzung, gegen einen extremen Wasserverbrauch, gegen unmenschliche Arbeitsbedingungen und für eine bessere Klimabilanz. Wichtig ist, dass wir es sind, jede und jeder Einzelne von uns, die es in der Hand haben, ob der Anteil an Textilien aus nachhaltiger Bio-Baumwolle in Zukunft weiter steigt.
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