Pflanzenporträt: Königskerze – wertvolle Heilpflanze und gut für Insekten

In Deutschland findet man acht verschiedene Königskerzenarten, wovon sich eigentlich nur zwei dafür eignen, sie für Heilzwecke zu sammeln oder sich in den Garten zu holen: die Großblütige Königskerze (Verbascum densiflorum) und die Windblumen-Königskerze (Verbascum phlomoides). Alle anderen Arten bilden nur relativ kleine Blüten aus, die das Sammeln und Trocknen sehr aufwendig machen. Nicht alle Königskerzen kommen mit gelben Blüten daher, die Violette Königskerze (Verbascum phoeniceum) überrascht mit violetten Blüten und die Schwarze Königskerze (Verbascum nigrum) ist zwar gelb, hat aber violette Staubfäden.

Wir finden Königskerzen wild wachsend an Bahndämmen und Wegrändern, auf Brachflächen und an sonnigen Böschungen. Es macht aber auch Freude, sie in den Garten zu holen, da sie zum einen schöne Blütenstauden sind und zum anderen Insekten mit Nahrung versorgen.

Die Königskerze – ein Blühwunder für Insekten

Es lohnt sich, Königskerzen einmal frühmorgens zwischen 8.00 und 10.00 Uhr zu besuchen, denn zu dieser Zeit summt und brummt es bei der Pflanze. An warmen Sommertagen sind dort viele Schwebfliegen, Bienen, Hummeln und Käfer auf Nahrungssuche. Zwar bieten die Königskerzen ihren Besuchern kaum Nektar als Tauschprodukt für die Bestäubung an. Aber sie gehören zu den besten Pollenlieferanten weit und breit, was sich anscheinend auch bei den Insekten herumgesprochen hat.

Eine Honigbiene trinkt den Nektar der Königskerzenblüte.
Die Königskerze ist ein guter Pollenlieferant für die verschiedensten Bienenarten.

Der Pollen steht nur bis etwa 10.00 Uhr zur Verfügung, weshalb vor allem morgens „Insekten-Rushhour“ ist. Täglich öffnen sich bei jeder Pflanze 50 bis 100 Blüten, bei kräftigen Pflanzen mit mehreren Austrieben können es über 200 Blüten sein! Die Blütezeit der majestätischen Pflanze erstreckt sich meist über acht Wochen. Kein Wunder, dass Königskerzen sehr fruchtbar sind. Pro Pflanze werden etwa 700.000 kleine Samen ausgebildet.

Noch ein bisschen Botanik

Vor allem die großwüchsigen Königskerzenarten (V. densiflorum, V. phlomoides) fallen durch eine weißfilzige Blattbehaarung auf. Deshalb wurden sie früher auch „Wollkraut“ oder „Wollblume“ genannt. Damit schützt sich die Pflanze gegen Schneckenfraß und Verdunstungsverluste. Die meisten heimischen Königskerzenarten gehören zu den Zweijährigen. Das heißt, im ersten Jahr bildet sich aus dem Samen eine große Blattrosette. Aus der Blattrosette entwickelt sich dann erst im zweiten Jahr der Blütenstängel. Alle Zweijährigen brauchen zunächst einmal einen Kältereiz (Winter), um im zweiten Jahr schließlich zur Blüte zu kommen. Eine im beheizten Gewächshaus gekeimte Königskerze, die keine richtigen Winter erlebt, wird also nicht blühen.

Die großen Königskerzen haben einen weißfilzige Blattbehaarung.
Die weiße Filzbehaarung der Königskerze schützt die Pflanze beispielsweise vor Fressfeinden.

Die Heilkraft der Königskerze

Von den acht heimischen Arten sind nur drei in den Arzneibüchern verzeichnet: die Großblütige Königskerze (V. densiflorum), die Windblumen-Königskerze (V. phlomoides) und die Kleinblütige Königskerze (V. thapsus). Die anderen Arten sind vermutlich ähnlich wirksam, sie bilden jedoch für die arzneiliche Nutzung zu wenige oder zu kleine Blüten aus.

Die Wirkung der Blüten ist bei Erkrankungen der Atemwege wissenschaftlich anerkannt. Die Blüten enthalten auswurfsfördernde Saponine, die dafür sorgen, dass sich der festsitzende Bronchialschleim verflüssigt und gut abgehustet werden kann. Außerdem besitzen sie Schleimstoffe, die auf gereizte Schleimhäute beruhigend und reizlindernd wirken. Neuerdings wurden sogar antivirale Eigenschaften nachgewiesen. In der Volksmedizin nutzt man die entzündungshemmende und wundheilende Wirkung der Blüten bei Hauterkrankungen.

Teerezepte mit Königskerze

Bei der Zubereitung der Königskerzenblüten als Tee müssen einige Dinge beachtet werden: Zur Behandlung eines festsitzenden Hustens mit zähem Schleim wird der Tee mit heißem Wasser aufgegossen und man lässt ihn 10 Minuten ziehen. Die Saponine lösen sich dann optimal. Wenn man aber zum Beispiel für einen Reizhusten die reizmildernden Pflanzenschleime benötigt, werden die Blüten nur mit warmem Wasser (60–70 °C) übergossen und man lässt sie 1 Stunde ziehen. Kochendes Wasser schädigt nämlich die Schleimstoffe.

Reizlindernde Hustenmischung

Mischen Sie 5 g Königskerzenblüten mit 5 g Malvenblüten und 10 g Spitzwegerichblättern. Zerkleinern Sie die Kräuter erst kurz vor der Anwendung. 2 TL dieser Mischung mit ¼ l warmem Wasser (ca. 70 °C) überbrühen. 1 Stunde ziehen lassen, danach durch einen feinen Teefilter abgießen. Schluckweise trinken.

Auswurffördernde Hustenmischung

Bei festsitzendem Husten mischen Sie je 5 g Königskerzenblüten und Schlüsselblumenblüten mit Kelch sowie je 10 g Fenchelfrüchte und Thymiankraut. 2 TL dieser Mischung mit ¼ l heißem Wasser überbrühen und 6–8 Minuten ziehen lassen, danach abgießen. Nach Wunsch mit Honig gesüßt 3x täglich 1 Tasse trinken.

Erntetipps für heilkräftigen Tee aus der Königskerze

Die goldgelben Blüten öffnen sich jeden Tag zur gleichen Zeit. Das geschieht in den frühen Morgenstunden ab 5.00 Uhr. Zwischen 9.00 und 10.00 Uhr erstrahlen sie in voller Entfaltung und besitzen die stärkste Heilkraft. Danach beginnen sie zu erschlaffen und fallen abends zu Boden. Jede Blüte erfreut uns also nur einen halben Tag, um dann zu verwelken. Tag für Tag öffnen sich neue Blüten, weshalb Sie täglich ernten können. Die zarten Blüten werden vorsichtig aus ihren Kelchen gezupft, denn sie sind sehr druckempfindlich.

Unter der Königskerze liegen jeden abends ihre verwelkten Blüten.
Schon mittags beginnen die schönen Blüten zu welken, um dann meist über Nacht abzufallen.

Die empfindlichen Blüten müssen sofort nach der Ernte zur Trocknung kommen. Wenn Sie ihre Heilkraft und Farbintensität erhalten wollen, ist größte Sorgfalt erforderlich. Am günstigsten ist eine künstliche Trocknung bei etwa 40 °C, wozu sich die üblichen Dörrgeräte eignen. Bei natürlicher Trocknung ohne Wärmezufuhr lassen sich kaum gute Ergebnisse erzielen, da die Blüten stark hykroskopisch sind, d.h., sie ziehen wie ein Schwamm Luftfeuchtigkeit an. Sobald die Blüten rascheltrocken sind, müssen sie unbedingt luftdicht gelagert werden, denn sonst nehmen sie wieder Wasser auf, verfärben sich schmutzig braun und beginnen zu schimmeln. Am besten eignen sich dunkle Gläser mit Schraubverschluss.

Magisches Schutzkraut

Im Mittelalter war die Königskerze nicht nur hilfreich bei Krankheiten, sie war auch ein mächtiges Zauberkraut. Ihr alter Name „Unholdenkerze“ verrät uns, dass sie Unholde und Dämonen vertreiben sollte. Dazu wurde die Wurzel als Schutzamulett getragen und musste mittels geheimnisvoller Rituale ausgegraben werden. Das Wurzelamulett schützte nicht nur vor bösem Zauber, es half darüber hinaus gegen allerlei Krankheiten und sollte sogar empfängnisverhütend wirken. Der Arzt Johann Schroeder (1600–1664) beschrieb es folgendermaßen: „Man sammelt sie aber an einem Freytag vor Aufgehen der Sonnen, zwischen dem 15. Augusti und 8. Septembr bey abnehmendem Mond.“ Der geforderte Erntezeitraum vom 15. August (Maria Himmelfahrt) bis zum 8. September (Maria Geburt) wird als „Frauendreißiger“ bezeichnet und galt damals als besonders günstig zum Kräutersammeln.

Königskerze als Marienpflanze

Als „Marienkerze“ war die Königskerze Teil des Marienkultes. Sie hatte einen zentralen Platz im Kräuterbüschel, das in katholischen Orten am 15. August (Maria Himmelfahrt) geweiht wird. Dazu werden regional ganz unterschiedliche Kräuter gesammelt und zu einem Strauß gebunden. Meist nimmt eine Königskerze den Platz in der Mitte des Straußes ein, um sie herum werden die weiteren Kräuter gruppiert. Das traditionelle Kräuterbüschel musste aus neunerlei Kräutern bestehen. In manchen Gegenden erhöhte sich die Zahl sogar auf 77 oder 99 Kräuter. Dies sind alles alte magische Zauberzahlen, die die Wirksamkeit des Brauches erhöhen sollten.

Das ursprünglich heidnische Natur- und Erntedankritual fand im neunten Jahrhundert Eingang in den Marienkult. Maria übernahm die Funktion der vorchristlichen Göttinnen, denen einst die heilkräftigen Kräuter geweiht waren. Heidnische Rituale wurden nun durch die christliche Weihe in der Kirche ersetzt. Das geweihte Kräuterbüschel wurde in Stall oder Haus aufgehängt und sollte Krankheiten abwehren, aber auch vor Feuer, Hagel, Gewitter und anderen bösen Einwirkungen schützen.

Kulinarische Verwendung der Königskerze – honigduftende Blüten für die Küche

Königskerzenblüten sind nicht nur für die Heilkunde interessant, sondern können auch gegessen werden. Die strahlend gelben Blüten sorgen auf dem Teller für farbliche Akzente. Frisch gepflückt besitzen sie einen zarten Honigduft. Sie schmecken angenehm mild, leicht süßlich und etwas fruchtig. Sie können mit ihnen einen sommerlichen Blattsalat verzaubern, indem Sie sie vor dem Servieren darüberstreuen. Zudem passen die Blüten gut zur Dekoration von Desserts. Ganz wichtig: Damit es im Hals nicht reizt und kratzt, werden für den Rohgenuss die wollig behaarten Staubgefäße aus den Blüten herausgeknipst. Die gelb färbenden und süßlichen Blüten können auch zur Likörherstelleng eingesetzt werden.

Ein Trockennetz mit frisch geernteten Blüten der Königskerze.
Die Königskerze wird täglich morgens geerntet. Auf dem Teller sehen Sie nicht nur hübsch aus, sondern schmecken auch gut.

Rezept für einen selbst gemachten Königskerzenlikör

Zutaten

  • 75 g frische Königskerzenblüten
  • ½ Vanillestange
  • 0,5 l Korn oder Wodka
  • 100 g Zucker
  • 100 ml Wasser

Zubereitung

  1. Königskerzenblüten und klein geschnittene Vanillestange in ein verschließbares Glas geben und mit Korn oder Wodka auffüllen. An einem warmen, schattigen Platz 3–4 Tage ziehen lassen und gelegentlich schütteln.
  2. Durch ein feines Sieb abfiltern.
  3. Dann Zucker mit Wasser mischen und 10 Minuten köcheln lassen.
  4. Nach dem Abkühlen die Zuckerlösung mit dem Königskerzenauszug vermischen und in kleine Flaschen füllen. Vor Anbruch mindestens 3 Wochen im Keller reifen lassen.

Hinweis: Dieser Beitrag wurde mit größter Sorgfalt erstellt. Der Autor ist jedoch kein Arzt oder Apotheker. Die im Beitrag gegebenen Informationen sind nicht als Gesundheitsberatung zu verstehen. Besprechen Sie eine Anwendung der Tipps mit gesundheitlichem Bezug daher bitte mit Ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt.

 

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