Mit Glyzerin putzen: Schmutz perlt einfach ab

Erste Begegnung: Aus dem Fläschchen tropft eine etwas dickflüssige, klare Flüssigkeit. Sie riecht nach nichts, schmeckt aber süß. Was ist das eigentlich? Glyzerin (oft auch Glycerin geschrieben) heißt chemisch korrekt Glycerol, und die Endung -ol weist es als Alkohol aus. Genauer gesagt ist es ein sogenannter Zuckeralkohol.

Was ist Glyzerin?

Wer bei dem Namen sofort an Nitroglyzerin denken muss, liegt nicht komplett falsch. Tatsächlich könnte man aus dieser Flüssigkeit mit etlichen anderen Chemikalien in einem aufwendigen Prozess auch Sprengstoff herstellen. Aber Glyzerin selbst ist vollkommen harmlos und – wenn man es nicht gerade in großen Schlucken trinkt – ungiftig. Es ist sogar als Lebensmittelzusatzstoff zugelassen und trägt dann den Namen E422.

Wie wird Glyzerin hergestellt und warum ist Bio-Glyzerin nachhaltig?

Trotzdem, klingt erst mal nach Chemiebaukasten. Und das soll nun öko sein? Tatsache ist, dass schon unsere Großmütter Glyzerin als Hausmittelchen kannten. Zu ihren Zeiten fiel es als Nebenprodukt der Seifenherstellung an. Es entsteht nämlich immer dann, wenn pflanzliche oder tierische Fette gespalten werden, wie es bei der Verseifung geschieht. Heute kann Glyzerin außerdem aus Erdöl oder mithilfe von Hefen aus Melasse gewonnen werden. Ein Großteil stammt inzwischen aus der Produktion von Biodiesel.

Wie nachhaltig Glyzerin ist, hängt also ganz wesentlich von seinen Rohstoffen ab. Wer zu pflanzlichem Glyzerin greift, schließt zumindest schon mal aus, dass am Anfang der Produktionskette Erdöl oder Rindertalg aus Massentierhaltung standen.

Aber auch pflanzliches Glyzerin kann für die Umwelt problematisch sein: wenn etwa für die Produktion von Biodiesel gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden oder das verwendete Pflanzenöl von konventionellen Palmölplantagen stammt. Bei Bio-Glyzerin ist beides ausgeschlossen, und wenn das darüber hinaus aus heimischer Produktion stammt, ist es definitiv die umweltbewussteste Wahl. Noch ein ökologischer Aspekt spricht für Glyzerin: Es ist restlos biologisch abbaubar, sodass es die Gewässer nicht belastet.

Glyzerin: Altes Hausmittel mit echten Talenten

Aber was macht diesen Zuckeralkohol jetzt eigentlich zu einem so vielseitigen Haushaltshelfer? Es punktet mit vier Eigenschaften, die schon unsere Großmütter praktisch fanden. Glyzerin …

  • ist ein hervorragender Fettlöser.
  • überzieht Oberflächen mit einem glatten, glänzenden Film, der verhindert, dass sich darauf Schmutz und Staub festsetzen.
  • bindet Wasser – sehr praktisch für alles, was weich und geschmeidig bleiben soll, von der Gummidichtung bis zur menschlichen Haut.
  • hat einen sehr niedrigen Gefrierpunkt und kann daher als Frostschutzmittel dienen.

Glanz für Glattes: Putzen mit Glyzerin

Beim Putzen übernimmt Glyzerin eher selten die Rolle als Helfer fürs Grobe. Sicher, wenn jemand mit ölverschmierten Händen schwarze Spuren in der Wohnung hinterlassen hat, dann kann man denen mit purem Glyzerin zu Leibe rücken (und das Fläschchen gleich zum Händereinigen weiterreichen). Die wahre Stärke des Hausmittels aber lautet: Hochglanz. Und die spielt Glyzerin beim Hausputz vor allem auf glatten Oberflächen aus, zum Beispiel beim Fensterputzen oder auf den Badezimmerfliesen. Geben Sie dafür einfach ins Putzwasser zusätzlich ein paar Tropfen Glyzerin. Das sorgt dafür, dass auf Fenstern oder Fliesen ein hauchdünner, sehr glatter Film entsteht. Und wo Staub, Schmutz oder Kalk keinen Halt finden, um sich festzusetzen, bleibt alles länger sauber.

Im Blick ist ein weißes Waschbecken vor weißen Fliesen mit Seife und Zahnputzbecher.
Im Bad kann Glyzerin an Waschbecken, Fliesen und Co. eingesetzt werden. Kalkablagerungen haben es schwer – der Putzeffekt hält länger an.

Das Prinzip funktioniert auch bei Möbeln. Besonders bei glatten, dunklen Oberflächen, auf denen man jedes Staubkörnchen sofort sieht, können Sie die Zeit bis zum nächsten Lappenschwingen hinauszögern, indem Sie die Möbel feucht mit etwas Glyzerin im Wasser abwischen. So nehmen Sie dem Staub die Chance, es sich auf den Möbeln gemütlich zu machen.

Selbst Wasserdampf kapituliert vor einem solchen superglatten Film. Das können Sie sich zunutze machen, um den Badezimmerspiegel oder Brillengläser vor dem Beschlagen zu schützen. Tränken Sie einfach ein weiches Tuch mit etwas Glyzerin und wischen Sie damit nach der Reinigung über das Glas, bevor Sie es trocken polieren. Der Erfolg: klare Sicht, wenn Sie das nächste Mal aus der Kälte ins Haus kommen oder sich nach dem Duschen vor dem Spiegel kämmen wollen.

Auch für die Metallpflege ist Glyzerin ein nützlicher Helfer. Reiben Sie Silber oder Messing nach dem Putzen einfach mit einem glyzeringetränkten Tuch dünn ein und polieren Sie nach dem Trocknen kurz nach. So läuft das Silberbesteck nicht so schnell an, und Ihre Messingleuchter bleiben länger glänzend.

Oh, gekleckert! Glyzerin gegen Flecken

Das zweite große Einsatzgebiet für das alte Hausmittel ist die Textilpflege. Selbst eingetrocknete Flecken kann es wieder aufweichen und mit etwas Geduld zum Verschwinden bringen. Die Fleckentfernung mit Glyzerin ist ganz unkompliziert. Die weiße Hose hat einen unschönen Grasfleck bekommen? Kaffee, Rotwein oder der saftige Pfirsich haben Spuren auf der guten Bluse hinterlassen? Auf der Tischdecke kann man den Speiseplan der letzten Tage anhand eines bunten Musters aus Senf, Ketchup und Schokopudding nachvollziehen? Einfach die Flecken mit Glyzerin betupfen, ein bis zwei Stunden einwirken lassen und dann mit klarem Wasser oder einer lauwarmen Seifenlösung auswaschen. Bei hartnäckigen Flecken wie Teer, Schuhcreme oder Blütenstaub nach der Einwirkzeit mit einem weichen Tuch von außen nach innen tupfen. Falls nötig, die Behandlung wiederholen.

Apropos Kleidung: Wenn Sie gern flauschige Wollpullis tragen, können Sie Glyzerin als Weichspüler nutzen. Geben Sie einfach beim letzten Spülgang einen Esslöffel davon in die Maschine oder bei der Handwäsche einen Spritzer ins Wasser, und die Wolle wird schön kuschelig.

Ein paar Tröpfchen Feuchtigkeit – Glyzerin in Kosmetika

Das liegt an einer Eigenschaft, die sich auch die Kosmetikindustrie zunutze macht. Glyzerin bindet Wasser, ja, zieht sogar Luftfeuchtigkeit an und macht dadurch Haut und Haare glatt und geschmeidig – eben auch Tierhaare wie Wolle. Gleiches gilt für Tierhaut, also Leder. Um beispielsweise Lederhandschuhe dauerhaft weich zu halten, können Sie sie deshalb dünn mit Glyzerin einreiben. Nach dem Trocknen sind sie sogar wasserabweisend.

Bei lebendiger menschlicher Haut hängt der Weichmachereffekt übrigens von der Menge ab. Kritiker führen an, Glyzerin könne die Haut austrocknen, weil es bei trockener Umgebungsluft dem Bindegewebe Feuchtigkeit entziehe. Das stimmt auch – theoretisch. Praktisch sind in Kosmetik und Hautpflegepräparaten normalerweise weniger als 10 Prozent Glyzerin enthalten; der austrocknende Effekt tritt erst ab einer Konzentration von ca. 30 Prozent ein. Kein Grund zur Sorge also – aber Ihre Hände sollten Sie trotzdem nicht unbedingt länger als nötig in purem Glyzerin baden.

Immer schön elastisch: Gummipflege mit Glyzerin

Bei Gummi stellen sich solche Probleme zum Glück nicht. Hier tut Glyzerin uneingeschränkt das, was es soll: Es sorgt dafür, dass Elastisches auch elastisch bleibt. Tragen Sie es dünn beispielsweise auf Kühlschrankdichtungen oder die Gummidichtungen von Fenstern auf, damit sie nicht spröde werden. Auch Gummistiefel und Wärmflaschen können Sie gelegentlich dünn mit Glyzerin einreiben, um ihre Lebensdauer zu verlängern.

Orangene Gummistiefel, die an den Füßen eines Kindes in eine Pfütze springen.
Mit Glyzerin gepflegt verlängern Sie die Lebensdauer von Gummistiefeln.

Im Einsatz, wenn’s frostig wird: Kühlschrankpflege

Und wenn Sie das Glyzerinfläschchen sowieso gerade neben dem Kühlschrank stehen haben – wäre es nicht mal wieder Zeit zum Abtauen? Tauchen dabei in den Tiefen des Kühl- oder Gefrierschranks uralte, angefrorene Essensreste auf, dann lösen Sie die am besten mit dem Alkohol ab. Nach dem Abtauen und Putzen können Sie die Kühlschrankwände dann mit einem glyzeringetränkten Lappen abreiben. So verhindern Sie, dass sich daran allzu schnell neues Eis bildet. Auch beim Auto tut Glyzerin gute Dienste als Frostschutzmittel: Bestreichen Sie im Winter die Gummidichtungen der Türen damit, um zu verhindern, dass sie anfrieren und dann beim gewaltsamen Öffnen reißen.

Und noch für einen anderen winterspezifischen Zweck wird Glyzerin häufig verwendet: Traditionell geben viele ein paar Tropfen in das Wasser für den Weihnachtsbaum und hoffen, dass er dadurch nicht so schnell nadelt. Allerdings scheint es sich dabei eher um einen Mythos zu handeln.

Kleines Helferlein für große Tortenkunst: Glyzerin für Fondant

Unbestritten ist dagegen, dass Glyzerin allen Backfans eine große Hilfe ist, wenn sie ihre Torten mit Fondant überziehen und verzieren wollen. Als Feuchthaltemittel macht es die zuckrige Überzugs- und Knetmasse nämlich besser formbar. Geeignet ist dafür nur rein pflanzliches Glyzerin mit einem Gehalt von ca. 85 %. Ein geringerer Prozentsatz bedeutet einen höheren Wasseranteil, und Wasser würde den Zucker auflösen.

Zwei mit pinker Füllung geschichtete Petit four mit bemalter Fondant-Decke.
Fondant wie hier als abschließende Schicht auf den Petit four lässt sich mit etwas Glyzerin besser kneten und ausrollen.

Wenn Sie Fondant selbst herstellen möchten, brauchen Sie auf 1 Kilo Puderzucker ca. 10 Gramm Glyzerin. Wichtig ist, es erst nach und nach unterzuarbeiten, um zu sehen, wie viel wirklich nötig ist. Gekauftes Fondant, das manchmal ziemlich hart ist, können Sie mit zwei bis drei Tropfen Glyzerin (und ein bisschen Geduld) so weich kneten, dass es sich verarbeiten lässt. Achten Sie bei dieser Verwendung des Mittels darauf, dass das Glyzerin für den Verzehr geeignet ist.

Und jetzt: Zeit für Seifenblasen

Von Putzen bis Backen, von Gummipflege bis Frostschutz: Das alte Hausmittel Glyzerin erweist sich als ganz schön vielseitiger Helfer im Haushalt. Seinen hübschesten Einsatz hat es aber, sobald Sie die Arbeit Arbeit sein lassen. Glyzerin sorgt nämlich dafür, dass Seifenblasen haltbarer sind und schön bunt schillern. Um Seifenblasenlösung selbst zu machen, verrühren Sie einfach 75 Milliliter Spülmittel mit 1 Liter Wasser und 1 Teelöffel Glyzerin. Nur noch einen Draht zur Schlinge biegen und mit etwas Wolle umwickeln – und dann lassen Sie die Blasen schweben!

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