Mutig sein und lernen: Wie unsere Gärtnerei den Hackerangriff meistert
„Die Situation rund um den Hackerangriff hat mich schon ziemlich erschöpft“, sagt Bioland-Gärtner Herbert Vinken. Wir erreichen ihn per Videocall an einem Sonntag im Juni. Im Hintergrund sind fünf Mitarbeiterinnen seiner Gärtnerei damit beschäftigt, Pflanze für Pflanze liebevoll in eines der Pakete zu legen und mit Holzwolle zu polstern. Alle restlichen Pflanzenpakete werden bis Mitte Juli an die Waschbär-Kundinnen und -Kunden in Deutschland verschickt sein – und somit gerade noch rechtzeitig zur Pflanzsaison. Damit sind es besonders arbeitsreiche Wochen für die Gärtnerinnen und Gärtner. Als nach dem Hackerangriff am 19. Mai 2021 bei Waschbär die Computersysteme zeitweise heruntergefahren werden mussten, fehlten bei der Gärtnerei die Daten für die Versandetiketten. Keine Daten, keine Pakete – und so stapelten sich versandfertige Pflanzen in den Gewächshäusern und auf den Außenflächen der Gärtnerei.
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Zu große Pflanzen passen nicht ins Paket
„Für einen Gärtner ist das Frühjahr ohnehin anstrengend, weil wir unsere Pflanzen rechtzeitig fertig machen müssen für die Pflanzsaison und dabei immer abhängig sind von Wetter und Wachstumsphasen“, so Vinken. Durch den verzögerten Versand wuchsen einerseits Gemüsesorten immer weiter und drohten aufgrund ihrer Größe nicht mehr in die Pakete zu passen. Andererseits reiften Stauden und andere Pflanzen heran, konnten aber aufgrund des Hackerangriffs ebenfalls nicht verschickt werden. Auf den Lagerflächen der Gärtnerei unweit von Bremen wurde es eng.
Handarbeit: Jede Pflanze wird einzeln verpackt und kommt gut gepolstert zu den Waschbär-Kundinnen und -Kunden.
„Erst einmal waren wir verunsichert und haben überlegt, was wir tun können“, erinnert sich Herbert Vinken. „Wir haben dann sofort angefangen, die Pflanzen zurückzuschneiden und auf Lücke zu stellen, damit sie weniger weich und hoch wachsen und überleben.“ Einige Pflanzen mussten ausgetauscht werden, weil sie in die Höhe geschossen waren und nicht mehr in die Pakete passten. Dill gehörte dazu, aber auch manche Tomaten. „Die kann man ja nicht zurückschneiden. Einfach einen größeren Karton nehmen geht auch nicht, denn dadurch würden zu viele Hohlräume entstehen und die Pflanze wäre nicht mehr sicher verpackt. Deshalb haben wir einige Tomatenpflanzen durch andere Sorten ausgetauscht“, so Vinken.
Gute Pflanzqualität trotz Verspätung
Seit Wochen arbeiten Vinken und sein Team meist an sieben Tagen in der Woche. Um den Rückstand aufgrund des Hackerangriffes aufzuholen, findet der Versand jetzt an fünf statt an vier Tagen statt. Freitags und samstags können dennoch keine Pakete rausgehen, denn die würden dann übers Wochenende in der Paketzentrale stehen und an Wasser- und Lichtmangel leiden. „Zurzeit schaffen wir 250 bis 500 Pakete pro Tag“, sagt Vinken. „Bis spätestens Mitte Juli wird alles ausgeliefert sein – und zwar in gewohnt guter Qualität.“ In den Versand kommen nur gesunde Pflanzen mit kräftigen Wurzelballen. „Die werden gut anwachsen, da habe ich gar keine Bedenken“, so Vinken. „Wir hatten einen kühlen April, sodass wir dieses Jahr ohnehin später dran sind als im letzten Jahr. Aber durch den nassen Mai kommen die Pflanzen in einen Boden, der gut mit Feuchtigkeit versorgt ist, damit kann man die Stauden ohne Bedenken im Sommer noch setzen.“
Mit den Herausforderungen wachsen
Es ist nicht der erste Ausnahmezustand, den Herbert Vinken mit seinem Team meistert. Im Frühjahr 2020 konnte die Bremer Post wegen coronabedingter Krankheitsfälle um Ostern für zwei Wochen keine Pakete annehmen. „Wir haben daraus gelernt und die Abläufe optimiert. Beim Gärtnern darf man ohnehin keine Angst haben, Fehler zu machen. Man muss ausprobieren und manchmal geht halt auch mal etwas schief. Dann hat man im nächsten Jahr die Chance, es besser zu machen“, so Vinken. „Insofern bin ich auch trotz dieses Hackerangriffes optimistisch: Wir tun unser Bestes, um die Situation zu wuppen. Und ich bin zuversichtlich, dass es reicht.“
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