Pflanzenporträt: Beinwell – der „Knochenheiler“
Der mehrjährige Beinwell (Symphytum officinale) bevorzugt nährstoffreiche und feuchte Böden. Wir finden diese Pflanze deshalb häufig auf feuchten Wiesen, an Feld- und Wegrändern sowie entlang von Gräben und an Waldrändern.
Der Beinwell gehört zur Familie der Raublattgewächse. Dies kann man tatsächlich spüren, denn Stängel und Blätter sind mit steifen, borstigen Haaren besetzt. Vor allem die Blattunterseiten und Blattrippen sind dicht und rau behaart. Die länglichen, etwas runzeligen Blätter sitzen wechselständig am Stängel und können recht groß werden (20–30 cm lang). Im Mai erscheinen die glockigen, nach unten hängenden Blüten. Meist sind sie rötlich-violett, aber es gibt auch Exemplare mit gelblich-weißen Blüten.
Inhalt
Die „intelligente“ Blüte der Beinwellpflanze
Bei den Beinwellpflanzen mit rötlich-violetten Blüten können wir die Evolutionsintelligenz der Natur bewundern: Damit die bestäubenden Hummeln keine unnötigen Blütenbesuche machen, verfärben sich die rot-violetten Blüten nach der Befruchtung in blau-violett. So wissen die Hummeln, dass hier kein Nektar mehr zu holen ist. Gleichzeitig profitiert die Pflanze durch eine bessere Befruchtungsrate, denn die Hummeln fliegen nur unbefruchtete Blüten an. Der Farbwechsel von Rot zu Blau wird durch eine Veränderung des pH-Wertes im Pflanzensaft ausgelöst.
Heilpflanze mit mächtigem Wurzelstock
Wir interessieren uns jetzt im Winter für die dicken Pfahlwurzeln des Beinwells, die bis zu 60 cm in den Boden reichen. Sie sind außen schwarz und innen weiß. An Bruchstellen sondern sie einen zähen Schleim ab. Der mächtige Wurzelstock des Beinwells kann mehrere Kilogramm auf die Waage bringen.
Beinwell – der Name ist Programm
Es gibt nicht viele Pflanzen, deren Namen Hinweise auf die medizinische Anwendung geben, aber der Beinwell macht dies besonders gründlich: Der lateinische Gattungsname „Symphythum“ bedeutet „zusammenwachsen“. Beinwell heißt nichts anderes als „Knochen zusammenheilen“. „Bein“ ist ein altes Wort für „Knochen“ und „wellen“ oder „wallen“ hatte früher die Bedeutung „zusammenheilen“. In diesen Zusammenhang gehören auch die anderen alten Volksnamen des Beinwells: „Wallwurz“ oder „Beinheil“.
Schon die alten Römer machten vor 2000 Jahren Brei-Umschläge aus der Wurzel, um Knochenbrüche, Quetschungen und Wunden zu heilen. Auch im Mittelalter gehörte der Beinwell zu den wichtigsten Wundheilpflanzen, was die Ausführungen des Arztes und Botanikers Leonhart Fuchs (1501–1566) bestätigen: „Die Wallwurz ist nützlich zu allerlei Wunden und Beinbrüchen, darum sie bei den Wundärzten in großen Ehren soll gehalten werden.“ Man wandte die Heilpflanze damals nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich an.
Verwendung von Beinwell als Medizin
Unsere Vorfahren setzten die wundheilende, entzündungshemmende und schmerzlindernde Pflanze zu Recht ein. Dies konnte zwischenzeitlich schon durch zahlreiche wissenschaftliche Studien belegt werden. Beinwell ist fester Bestandteil der Arzneibücher geworden. Man setzt ihn äußerlich bei einer Reihe von Indikationen ein: Prellungen, Quetschungen, Zerrungen, Verstauchungen, Gelenkschmerzen, Muskelschmerzen, Rückenschmerzen und Sehnenscheidenentzündungen. In der Volksmedizin finden sich noch viele weitere Indikationen, wie zum Beispiel Knochenbrüche, Verbrennungen oder Narbenschmerzen.
Verantwortlich für die gute Wirksamkeit der Wurzel sind vor allem die enthaltenen Schleimstoffe sowie Allantoin und Phenolsäuren. Leider enthält Beinwell aber auch Stoffe, die in der Kritik stehen, nämlich Pyrrolizidinalkaloide. Diese haben eine leberschädigende und kanzerogene Wirkung. Deshalb wird Beinwell nicht mehr innerlich angewendet. Bei der äußerlichen Anwendung werden die Alkaloide kaum resorbiert. Daher gilt eine Anwendung auf intakter Haut für die Dauer von vier bis sechs Wochen als unbedenklich. Bei käuflichen Fertigarzneimitteln aus Beinwell verwendet man spezielle Züchtungen, die keine Pyrrolizidinalkaloide enthalten. Alternativ werden diese vor der Verarbeitung durch ein Spezialverfahren entfernt. Für die äußerliche Anwendung setzt man die Beinwellwurzel entweder als Tinktur (30–40%iger Alkohol) oder als Salbe ein.
Es wird übrigens noch eine zweite Beinwell-Art medizinisch verwendet, nämlich der aus Asien stammende Futter-Beinwell oder Comfrey (Symphythum x uplandicum). Es handelt sich hierbei um eine Kreuzung aus dem Echten Beinwell (Symphythum officinale) und dem Rauen Beinwell (Symphythum asperum).
Verwendung von Beinwell in der Küche
Der Beinwell ist nicht nur eine Heilpflanze, er hat auch eine jahrhundertelange Tradition als essbare Wildpflanze. Er enthält hochwertige Proteine und viele Mineralien. Wegen der leberschädigenden Pyrrolizidinalkaloide ist er aber als Lebensmittel in Verruf geraten. Die Meinungen dazu sind gespalten: Viele Experten warnen vor dem Verzehr der Blätter und genauso viele haben keine Bedenken. Ich vertrete die Meinung, dass beim gesunden Menschen der gelegentliche Verzehr unbedenklich ist. Wenn wir drei- bis viermal im Jahr ein Beinwellgemüse essen, gehen wir kein Risiko ein.
Junge Blätter der Pflanze schmecken etwas gurkenartig. Man kann sie fein geschnitten unter Salat mischen. Ältere, größere Blätter sollte man wegen der borstigen Haare dünsten. Sie eignen sich gut zum Füllen (wie Rouladen), als spinatartiges Gemüse oder als Suppeneinlage. Die hübschen Blüten dienen als essbare Dekoration. In alten Kochbüchern findet man Rezepte von in Teig gebackenen Beinwellblättern. Man nannte die in Pfannkuchenteig getauchten und dann in Fett ausgebackenen Blätter „Küchli“.
Verwendung von Beinwell im Garten
Beinwell lässt sich im Garten auf vielfältige Weise verwenden:
- Das Kraut wird gerne für düngende Jauchen verwendet. Beinwell enthält außergewöhnlich viel Kalium und Phosphor. Man nutzt die vergorene Jauche 1 : 10 verdünnt als Flüssigdünger. Dadurch werden das Bodenleben und die Bodenfruchtbarkeit aktiviert. Über den Kompost gebraust, beschleunigt er die Reifung.
- Wildkräuter wie Beinwell und Brennnessel sind hervorragend als Mulchmaterial geeignet.
- Da es sich beim Beinwell um eine Heilpflanze handelt, kann man ihn in der Mischkultur sehr gut als Helferpflanze einsetzen. Er wirkt auf seine Nachbarpflanzen wachstumsfördernd und gesundheitserhaltend.
- Nicht nur die Menschen freuen sich über Beinwell im Garten. Auch Biene und Co. schätzen es, wenn sie die beliebte Insektenpflanze im Garten vorfinden.
Welche Bedingungen und Pflege der Beinwell im Garten braucht, können Sie im Pflanzenlexikon im Waschbär-Shop nachlesen.
Rezept für Beinwellsalbe
Zutaten
- 120 ml Olivenöl
- 20 g Beinwellwurzeln, frisch
- 10 g Bienenwachs
- 8 g Lanolin anhydrit
- 8 ml Beinwelltinktur, 40 Vol.-% (160 Tropfen)
- Kleine Salbendose
Zubereitung
- Zunächst das Ölmazerat herstellen: Die klein geschnittenen Beinwellwurzeln ein bis zwei Stunden lang bei 60 °C im Öl ausziehen lassen. Vom Herd nehmen und nochmals eine Stunde ziehen lassen. Anschließend abfiltern.
- Bienenwachs und Lanolin ins Öl geben und nochmals auf 65 °C erwärmen, bis das Wachs schmilzt.
- Topf vom Herd nehmen und das Öl unter Rühren auf unter 40 °C abkühlen lassen.
- Die Beinwelltinktur einrühren. Es ist vorteilhaft, die Tinktur zuvor ebenfalls auf 35 °C zu erwärmen.
- Danach in eine kleine Salbendose füllen, abkühlen lassen und die Dose verschließen. Mindestens ein Jahr haltbar.
Tipp: Falls Sie keine Beinwelltinktur zur Verfügung haben, funktioniert das Rezept auch ohne diese Zutat. Die Tinktur bringt allerdings den Vorteil, dass jene Wirkstoffe, die sich in Öl nicht so gut lösen, über den Alkoholauszug zugeführt werden können. Außerdem trägt der Alkohol zur Konservierung bei.
Anwendung: Man setzt die schmerzlindernde und entzündungshemmende Beinwellsalbe bei Prellungen, Zerrungen und Verstauchungen ein. Ihre heilsamen Kräfte kommen zudem bei Knochenbrüchen, Muskelschmerzen, Sehnenscheidenentzündung und rheumatischen Gelenkerkrankungen zur Anwendung. Die Salbe wird entweder auf die unverletzte Haut einmassiert oder als Salbenverband angelegt. Wegen der im Beinwell enthaltenen Pyrrolizidinalkaloide sollten Sie die Anwendungsdauer auf vier bis sechs Wochen begrenzen.
Hinweis: Dieser Beitrag wurde mit größter Sorgfalt erstellt. Der Autor ist jedoch kein Arzt oder Apotheker. Die im Beitrag gegebenen Informationen sind nicht als Gesundheitsberatung zu verstehen. Besprechen Sie eine Anwendung der Tipps mit gesundheitlichem Bezug daher bitte mit Ihrer Hausärztin oder Ihrem Hausarzt.