Warenkunde Süßungsmittel: Welche Alternativen zu Zucker gibt es?
Bis vor wenigen Hundert Jahren süßte man bei uns mit Trockenfrüchten oder Honig – wenn man es sich leisten konnte. Erst der Anbau von Zuckerrohr auf Plantagen, auf denen Sklaven schuften mussten, machte Zucker in Europa erschwinglich. Dann wurde die Herstellung der süßen Kristalle aus heimischen Zuckerrüben entdeckt, und seitdem ist Zucker aus unseren Küchen nicht mehr wegzudenken. Welche alternative Süßungsmittel gibt es, die es mit dem gewöhnlichen Zucker aufnehmen können?
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Welche Alternativen gibt es zum Haushaltszucker?
In Bioläden und Reformhäusern, aber auch in Supermärkten tauchen immer mehr alternative Süßungsmittel auf. Die meisten behaupten, gesünder zu sein als Kristallzucker – denn Zucker hat in dieser Hinsicht schließlich nicht den besten Ruf. Aber lösen diese Süßungsmittel ihr Gesundheitsversprechen auch ein? Und sind diese Produkte unter Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit zu empfehlen?
Alternative 1: Kokosblütenzucker
Der eingekochte, getrocknete und gemahlene Blütensaft der Kokospalme hat in den letzten Jahren eine steile Karriere hingelegt. Das liegt zum einen daran, dass er aussieht wie Zucker und sich beim Backen auch genauso verhält, sodass er Haushaltszucker eins zu eins ersetzen kann – allerdings süßt er etwas weniger stark. Zudem schmeckt er schön karamellig.
Das Hauptargument für seine Fans ist aber, dass er den Blutzuckerspiegel nicht so stark in die Höhe treibt wie Haushaltszucker. In Sachen Nachhaltigkeit schneidet er allerdings weniger gut ab, weil er immer aus den Tropen importiert wird – und nicht immer sind die Arbeitsbedingungen bei der Herstellung nachzuvollziehen. Wie bei allen Produkten aus dem globalen Süden ist es eine gute Idee, beim Kauf auf ein vertrauenswürdiges Fair-Trade-Siegel zu achten.
Alternative 2: Palmzucker
Genau genommen ist auch Kokosblütenzucker Palmzucker, denn das ist der Oberbegriff für alle Zuckersorten, die man aus dem Blütennektar von Palmen gewinnt. Palmzucker aus Zucker- und anderen Palmen wird traditionell in den südostasiatischen Küchen verwendet und ist deshalb unter dem Namen „Jaggery“ in Asienläden erhältlich – meist in Form von hellgelben Küchlein, die vor dem Verwenden gemörsert oder gerieben werden müssen. Was Gesundheitswert und Nachhaltigkeit angeht, gilt das Gleiche wie beim Kokosblütenzucker.
Alternative 3: Honig
Honig ist bei uns das Süßungsmittel mit der längsten Tradition und einer ungeheuren Geschmacksvielfalt. Honig gilt als sehr gesund und viele schätzen ihn wegen seiner antibakteriellen Eigenschaften als Hausmittel, besonders bei Erkältungen und kleineren Hautproblemen. Allerdings ist Honig ein Naturprodukt: Je nachdem, welche Pflanzen die Bienen angesteuert haben, kann er Giftstoffe enthalten. Betroffen sind oft Honigsorten aus Übersee.
Und auch in der Wirkung auf das Verdauungssystem schneidet das Bienenprodukt weniger gut ab, als die vielen Loblieder vermuten lassen. Seine Süße stammt nämlich zu ungefähr gleichen Teilen aus Glukose und Fruktose.. Haushaltszucker durch Honig zu ersetzen, bringt also keinerlei gesundheitliche Vorteile – und ist beim Backen auch deswegen problematisch, weil sich cremiger oder flüssiger Honig anders verhält als Kristallzucker.
Trotzdem: Honig schmeckt gut, auch in kleinen Mengen. Wer regionalen Bio-Honig kauft oder auch welchen ohne Bio-Siegel von lokalen Imkerinnen oder Imkern (sofern die ihre Bienenstöcke nicht gerade direkt neben dem stark gespritzten Rapsfeld aufstellen), trifft damit außerdem eine nachhaltige Wahl.
Alternative 4: Agavendicksaft
Agaven produzieren einen süßen Saft, der aufgefangen und durch Einkochen in Agavendicksaft oder Agavensirup konzentriert werden kann. Die hellste Qualität ist fast geschmacksneutral, die Süßkraft enorm. Weil er einen hohen Fruktoseanteil hat, bleibt das Zucker-High, das Haushaltszucker auslösen kann, hier meist aus; dafür drohen bei hohem Verbrauch langfristige Folgen: Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Importiert werden muss Agavendicksaft sowieso – eine gesunde, nachhaltige Alternative sieht anders aus.
Alternative 5: Ahornsirup
Ein Süßungsmittel, das im Gegensatz zu Honig vegan ist, je nach Sorte mild bis würzig, aber immer ein bisschen karamellig schmeckt? Und dann auch noch stärker süßt als Zucker, sodass man weniger braucht – klingt das nicht großartig? Ist es auch; man denke nur an Pancakes zum Frühstück, reichlich mit dem goldfarbenen Sirup beträufelt …
Ahornsirup wird aus dem Saft des Zuckerahorns gewonnen, und da steckt der Nachhaltigkeitshaken: Der Zuckerahorn wächst nämlich in Nordamerika, vor allem Kanada, und von dort wird Ahornsirup zu uns transportiert. Die enthaltenen Zucker sind vor allem Saccharose (Haushaltszucker) und Fruktose (Fruchtzucker) mit ihren bekannten eher ungünstigen Auswirkungen auf Stoffwechsel und Zähne. Aber angesichts des stolzen Preises dürfte hierzulande auch kaum jemand in Versuchung kommen, Ahornsirup zum Grundnahrungsmittel zu machen.
Alternative 6: Apfeldicksaft und Birnendicksaft
Was den Transport angeht, schneiden die zu Sirup eingekochten Säfte von heimischen Äpfeln oder Birnen schon einmal deutlich besser ab. Aber auch sie enthalten naturgemäß viel Fruktose, die in großen Mengen Fettpolster fördert und die Leber schädigen kann. Ihr fruchtiger Geschmack macht die beiden regionalen Süßmacher trotzdem zu einer interessanten Küchenzutat: in kleinen Portionen zum Würzen von Salatdressings, in Früchte- oder Kräutertees oder zum Süßen von Naturjoghurt.
Alternative 7: Rübensirup
Der zähe, fast schwarze Sirup, auch Rübenkraut genannt, ist kein Rohprodukt der Zuckerherstellung. Vielmehr gewinnt man ihn in einem anderen Verfahren aus Zuckerrüben. Weil er einen sehr intensiven Eigengeschmack hat, taugt er nicht als Ersatz für Zucker. Allerdings wird er genau wegen dieses malzig-fruchtigen Aromas in traditionellen Rezepten für Pfefferkuchen oder Schwarzbrot, aber auch zum Beträufeln von Speckpfannkuchen eingesetzt. Ansonsten taucht er vor allem als Brotaufstrich auf.
Dass er nicht „gesünder“ ist als gewöhnlicher Zucker, liegt auf der Hand. Als traditionelles heimisches Produkt ist seine Nachhaltigkeitsbilanz allerdings gut – sofern er aus Bio-Anbau stammt. Denn der konventionelle Zuckerrübenanbau verlässt sich stark auf Spritzmittel, während auf Bio-Höfen die Arbeit mit der Hacke dafür sorgt, dass die Pflanzen nicht vom Unkraut erstickt werden. Das freut nicht zuletzt die Insekten.
Süßungsmittel mal anders: Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe
Neben diesen Produkten, bei denen im Großen und Ganzen die Einfachzucker Fruktose und Glukose für den süßen Geschmack sorgen, gibt es zwei Gruppen von Süßmachern, die chemisch ganz anders funktionieren: Zuckeraustauschstoffe mit ähnlicher Süßkraft wie Haushaltszucker und Süßstoffe mit einer deutlichen höheren Süßkraft. Sie alle verdauen wir ohne Insulinausschüttung und führen deshalb nicht zu der gefürchteten Achterbahnfahrt des Blutzuckerspiegels. Deshalb können auch Menschen mit Diabetes damit süßen. Kariesbakterien können mit diesen Stoffen nichts anfangen – keine Gefahr also für die Zähne!
Die Kehrseite dieser anderen Verdauungsprozesse: In vielen Fällen drohen Bauchschmerzen und Durchfall, wenn man größere Mengen zu sich nimmt. Trotzdem greifen viele Menschen zu diesen Stoffen, gerade wenn sie abnehmen möchten, denn sie enthalten deutlich weniger Kalorien als Haushaltszucker. Viele Ernährungsfachleute sehen diesen Trend kritisch und sagen, es sei besser, sich den Heißhunger auf Süßes langsam abzutrainieren, statt zu Austauschstoffen zu greifen. Die können nämlich den Effekt haben, dass man umso mehr von dem Kuchen oder den Süßigkeiten isst – sie sind ja vermeintlich so kalorienarm und gesund. Dass man damit unter Umständen eine Menge anderer Kohlenhydrate und Fette zu sich nimmt, gerät dabei leicht aus dem Blick.
Die meisten Süß- und Zuckeraustauschstoffe sind in erster Linie für die Industrie interessant. Die folgenden tauchen allerdings auch pur als Zuckerersatz im Supermarkt auf.
Süßungsmittel Stevia (E 960)
Stevia ist ein Süßstoff, der unglaubliche 300 bis 400 Mal stärker süßt als Haushaltszucker, bei genau null Kalorien. Er wird aus dem südamerikanischen Süßkraut (Stevia rebaudiana) gewonnen, das inzwischen auch in Europa angebaut wird. Man kann die Pflanze sogar selbst ziehen. Klingt ziemlich natürlich und gesund – was aber unter dem Namen Stevia in den Regalen landet, sind meist hoch verarbeitete Industrieprodukte: Tabletten, flüssiger Süßstoff, Pulver. Zwar kann man auch die getrockneten Blätter zum Süßen verwenden, aber das ist nicht nur ziemlich unpraktisch (außer für Tee), sondern offenbart auch den Nachteil dieses Süßstoffs: seinen bitter-lakritzigen Nebengeschmack, der umso stärker ist, je naturbelassener das Produkt daherkommt. Gerade die notwendige langwierige Prozessierung macht auch Stevia im Endeffekt zu einer nicht sehr nachhaltigen Wahl.
Süßungsmittel Erythrit (E 968)
Dieser sogenannte Zuckeralkohol wird meist durch mikrobielle Umwandlung aus Mais- oder Weizenstärke hergestellt. Seine Süßkraft ist geringer als die von Haushaltszucker; für den gewohnt süßen Geschmack muss man also deutlich mehr verwenden. Die Gefahr von Verdauungsbeschwerden ist bei diesem Stoff eher gering.
Für Menschen mit Diabetes eignet sich Erythrit als Alternative zu Zucker, weil es den Blutzuckerspiegel nicht beeinflusst. Außerdem kann man damit reichlich Kalorien sparen. Allerdings ist es als hoch verarbeitetes industrielles Produkt und daher nicht unbedingt nachhaltig. Um auszuschließen, dass gentechnisch veränderter Mais aus Übersee als Grundprodukt genutzt wird, lohnt es sich, zu einem Bio-Produkt zu greifen.
Süßungsmittel Xylit (E 967)
Auch Xylit ist ein Zuckeralkohol. Da man ihn mit allerhand chemischen Umwegen aus Birkenholzgummi gewinnt, steht er oft unter dem sympathischeren Namen Birkenzucker im Regal. Als Rohstoffe werden aber auch andere Hölzer, Stroh oder Maiskolben üblich. Xylit hat eine ähnliche Süßkraft wie Haushaltszucker und kann ihn in vielen Rezepten eins zu eins ersetzen, bringt aber nur etwas über die Hälfte der Kalorien mit. Allerdings hat der Stoff bei größeren Mengen abführende Wirkung. Zum Backen eignet sich besonders eine Mischung aus Erythrit und Xylit.